» KI – der Turbo für Ihre Digitalisierung? «

Herzlich willkommen zu unserer neuen Ausgabe der Expertengespräche zum Thema Digitalisierung.

In dieser und in der nächsten Folge werden wir uns intensiv mit dem Thema Künstliche Intelligenz beschäftigen, da dieses Thema gerade einen großen Hype erlebt.

Dabei besprechen wir KI immer unter dem Aspekt, wie kann ich die KI für mein Unternehmen oder meinen Bereich nutzen.

In dieser Folge beschäftigen wir uns im Wesentlichen mit der Frage, ob und wie ich mit KI die Digitalisierung beschleunigen kann.

Und wie gewohnt spreche ich dazu heute mit unserem Experten Martin Meister.

 

Martin, es ist eigentlich kaum noch möglich den vielen Beiträgen, Konferenzen, Veröffentlichungen zum Thema KI irgendwie zu folgen. Woher kommt der Hype?

Vermutlich verbinden sich gerade sehr viel Hoffnungen mit dem Thema KI. Es entsteht dann immer so eine Art Goldrausch, bei dem alle schon mal Schaufeln und Bleche besorgen, auch diejenigen, die gar nicht wissen, wie Gold eigentlich aussieht.

 

In dem Zusammenhang hast du im Vorgespräch von einem Workshop erzählt, der die Frage gestellt hat, ob KI die Lösung für den Digitalisierungsrückstand sein kann. Ist das eine Hoffnung und ist diese berechtigt? Welche Antwort hat der Workshop geliefert?

Dieser Workshop wurde von der Firma Cronn in Bonn organisiert. Im Workshop wurde diese Frage eher provokativ gestellt. Und in der Hinsicht ist die Frage ziemlich schlau, weil sie vermutlich eine irgendwie diffus vorhandene Hoffnung in Worte fasst.

Der Workshop hatte nicht die Absicht, diese Frage zu beantworten, sondern zum Thema ins Gespräch zu kommen, Herausforderungen zu beleuchten, Lösungen anzubieten und Beispiele darzustellen.

 

Wie ist deine persönliche Sicht darauf?

Aus Sicht der Gesellschaft, des Kunden und Konsumenten, wird KI die Digitalisierung insofern beschleunigen, als dass der Einfluss von KI die Einführung von digitalen Systemen beschleunigen wird.

Wir haben heute so viele Einsatzgebiete, die von Tag zu Tag auch noch zunehmen und die Systeme haben mittlerweile eine beeindruckende Qualität. KI ist in unserem Alltag angekommen.

Aus Sicht eines einzelnen Unternehmens würde ich sagen, dass es nicht unmittelbar helfen wird, den Digitalisierungsrückstand zu beseitigen.

Eher gibt es die Chance zu einem zweiten Aufschlag. Ich erhalte eine Gelegenheit, Versäumnisse aufzuholen. Allerdings nur, wenn ich diesmal früh und fokussiert agiere und die Unternehmen, die bereits gut in der Digitalisierung unterwegs sind, sind auch für den Einsatz von KI besser aufgestellt als Unternehmen, die noch nicht so viel getan haben.

Alle Unternehmen stehen unter dem Druck, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wettbewerber, die hier schneller sind als andere, können sich einen entscheidenden Vorteil verschaffen. Unternehmen, die auch hier zurückfallen, werden existenzielle Probleme bekommen.


Das letzte klingt wieder sehr drohend.

Das ist mir bewusst und ich sage das, weil ich davon überzeugt bin. Mit KI-basierten Innovationen lassen sich so massive Effekte erzielen, dass diejenigen, die diese Innovationen zuerst platzieren, sich vermutlich einen großen Vorsprung verschaffen, der dann schnell nicht mehr aufzuholen ist.


Wenn das so dramatisch ist, wäre es doch gut, wenn sich durch KI etwas beschleunigen ließe. Warum ist das nicht der Fall?

Zunächst einmal ist wichtig, nicht vom Werkzeug her zu argumentieren, sondern von den Zielen. Es geht bei Unternehmen immer um die Steigerung von Effizienz oder die Schaffung von Wachstum.

Vor dem Hintergrund dieser Ziele ist der Einsatz von KI eine Spezialform der Digitalisierung mit Systemen, die auf anderen Verfahren beruhen als herkömmliche Systeme und die aufgrund dessen das Potenzial haben, deutlich effektiver zu sein.

Der Unterschied liegt in der Art der Systeme. Die Einführung von KI-Systemen kann theoretisch etwas leichter sein als die Einführung von herkömmlichen Systemen. Das hängt aber massiv an der Qualität von vorhandenen Daten. Die sind wiederum bei bereits digitalisierten Unternehmen eher vorhanden als bei noch nicht digitalisierten Unternehmen.

Will man sich zielgerichtet mit KI auseinandersetzten, bedarf es aber eines initialen Mehraufwandes.


Wie sieht dieser Initialaufwand aus und wie kommt er zustande.

KI-basierte Systeme sind lernende Systeme, die mit Daten trainiert werden. Datenqualität ist insofern die große Stellgröße beim erfolgreichen Einsatz von KI.

Damit kommt den erhobenen Daten eine zentrale Bedeutung. Gleichzeitig sind damit eine Menge Compliance-Themen verbunden. Datenschutzrecht wird sehr wichtig und das von Anfang an. Es gibt Fragen, wo ich langfristig meine Daten speichern will, insbesondere, wenn ich gängige AI-Tools einsetze. Es kann auch Fragen zum des Urheberrecht geben, etc.

Das Ganze wird noch verschärft durch eine aus meiner Sicht grundsätzlich sinnvolle Gesetzgebung der EU, die sich im sogenannten AI-Act manifestiert, und die Regeln für den Einsatz von KI definiert, nicht zuletzt, um uns vor Missbrauch und negativen Folgen von KI zu schützen.


Und damit muss ich mich von Anfang an beschäftigen?

Tatsächlich ja. Aber das ist noch nicht alles.

Darüber hinaus sind die auch in den Medien kommunizierten Effekte von KI so groß, dass die Beschäftigung eines Unternehmens mit diesem Thema auch Ängste bei den Mitarbeitern auslöst, die sich in massiven Widerständen äußern können.

Wir alle kennen die Aussagen dazu, welche Aufgaben KI in Zukunft übernehmen kann und wer dadurch alles keine Beschäftigung mehr haben wird. Insofern sollte sehr klar kommuniziert werden, welche Ziele ein Unternehmen verfolgt und am besten schon vor der Auseinandersetzung mit KI.


Kannst Du hierfür ein Beispiel geben.

Auf einer kürzlich von den Hamburger Unternehmen MGM und Silpion durchgeführten Workshop wurde das Beispiel eines Versicherungsunternehmens vorgestellt, dass durch Einsatz von KI den Aufwand zur Erstellung eines Angebots für eine spezielle Versicherung von ca. 55 Minuten auf 6 Minuten reduziert hat. Die Frage ist, wie das Unternehmen diesen Effizienz-Gewinn nutzen will.

Reduzierung der Sachbearbeiter oder Steigerung der Qualität der Kundenbearbeitung, weil der Sachbearbeiter jetzt Zeit hat, sich um die wesentlichen Dinge zu kümmern oder eine Mischung?

Ich denke, es wird klar, wie schnell solche Themen sehr brisant werden können.


Wie geht man damit um?

Es gibt hier wenig Patentrezepte. Mitarbeiter für dumm zu verkaufen ist aber sicher nicht richtig.

Die Herstellung von Transparenz ist aus meiner Sicht wichtig und der möglichst konstruktive Umgang mit den Ängsten.


OK. Als initialen Aufwand haben wir damit Compliance, Datenmanagement und Umgang mit Ängsten. Reicht ja schon mal. Wie sollen wir damit umgehen?

Von Anfang an würde ich eine zentrale Verantwortung für das Thema vergeben. Also eine Art CAIO, der direkt dem GF oder einem passenden Mitglied der Geschäftsführung unterstellt sein muss.

Wobei das nicht der CTO oder CMO sein kann, weil die KI alle Funktionsbereiche eines Unternehmens betreffen wird.

Der CAIO sollte ähnlich einem Architekten sehr schnell ein Team zusammenstellen, dass die Einbindung der wichtigen Mitarbeiter sicherstellt.

Nennen wir das Team einmal AI-Council. Hier werden dann wesentliche Entscheidungen getroffen.


Kannst Du zu dem Team noch etwas sagen?

Ein solches Team braucht die notwendigen Befugnisse, die richtigen Kompetenzen und das werden in diesem Fall schnell nicht nur technische Themen sein, sondern auch Themen aus dem Bereich HR, Recht, Compliance etc. sein.

Es handelt sich also um ein crossfunktionales Team, das auch nach Möglichkeit selbstorganisiert arbeitet. Dies ist auch ein Hinweis darauf, dass mit dem Thema KI auch neue Arbeitsweisen in einem Unternehmen Einzug halten.

Und dieses Team muss mit dem richtigen Mindset unterwegs sein, nämlich in der Komplexität Lösungen zu erzielen. Diese Lösungen brauchen dann Rückendeckung durch die Geschäftsführung.


Du beschreibst jetzt mit dem CAIO eine neue Rolle. Dabei weiß ich, dass du gar kein Freund davon bist, ständig mit neuen Rollenprofilen zu agieren.

Da hast du Recht. Mir gefällt auch der leicht zentralistische Ansatz nicht besonders gut. Aber ich glaube, für ein Thema, das sehr schnell ein Unternehmen über alle Bereiche, Ebenen und in vielen Dimensionen berührt, gibt es keine andere Lösung.

 

Was genau macht so ein CAIO?

Das wird sich im Detail je nach Unternehmen stark unterscheiden. Aber im Prinzip wird er daran arbeiten, Strukturen im Unternehmen zu schaffen, die geeignet sind, um dauerhaft Effizienz-Gewinne und Wachstumsimpulse im Unternehmen zu schaffen und in dem Sinne dafür sorgen, dass geeignete erste Use-Cases identifiziert und so aufgesetzt werden, dass sie maximal hohe Chancen auf Erfolg haben.

Darüber hinaus wird er permanent daran arbeiten, dass sich der strategische Rahmen schärft, die Methodik verbessert und eine Kultur entsteht, die den Boden für erfolgreiches Arbeiten bereitet.

 

Was muss ein CAIO können?

Da muss man zunächst mal sagen, dass es diese Rolle nicht gibt und von daher gibt es auch noch kein etabliertes Berufsbild.

Menschen, die schon mal eine KI -Transformation durchgeführt haben, sind logischerweise selten. Es gibt aber Menschen, die Transformationserfahrung haben, in Bezug auf Digitalisierung.

Und so ein CAIO braucht intensive Erfahrungen im Bereich Digitalisierung. Dabei rede ich im Kern über Know-how in Bezug auf Führung und Methoden. Er braucht Verständnis für agile Methoden und das Standing, mit Vorständen und Geschäftsführern auf Augenhöhe kommunizieren zu können und gleichzeitig die Fähigkeit, partizipativ zu arbeiten. Last but not least muss er eine Art Ambassador sein.


Wie findet man denn so einen CAIO?

So und jetzt kommt mal kurz der Werbeblock!

Wenn die Rolle noch nicht eindeutig definierbar und das Feld noch nicht bestellt ist, macht es natürlich durchaus Sinn, darüber nachzudenken, diese Rolle interimistisch zu besetzen. Zudem ist die wichtigste Aufgabe des CAIO, sich irgendwann wieder abzuschaffen, wenn das Thema so in alle Unternehmensbereiche integriert ist, dass es diese Rolle nicht braucht oder sie durch eine andere ersetzt wird.


Martin, damit rennst Du natürlich bei uns offene Türen ein. Abgesehen von dem letzten Punkt, was sollten unsere Zuhörer heute mitnehmen?

Der Einsatz von KI-basierten Systemen ist eine Sonderform der Digitalisierung.

Diese Systeme haben aufgrund ihrer Eigenschaften besonders hohe Effekte bei der Generierung von Effizienzen als auch bei Wachstumsimpulsen

Die Einführung dieser Systeme ist aber nicht leichter oder schneller als die Einführung von herkömmlichen Systemen.

Die eigentlichen Herausforderungen beim Einsatz von KI liegen aber auf anderen Ebenen, nämlich Datenqualität, Datenschutz, Datensicherheit, Unternehmenskultur, Vertrauen, Widerstände, Compliance.

Um diese Themen von Anfang an auf dem Schirm zu haben, braucht es ein entsprechendes Team unter Leitung eines CAIO.

Dieser kann sinnvoll interimistisch besetzt sein.


Vielen Dank Martin, und in unserer nächsten Folge sprechen wir darüber, wie man mit KI in der Digitalisierung loslegen sollte

Ihre Ansprechpartnerin

Christiane Fuhrmann
Head of Marketing I Business Development

WordPress Double Opt-in by Forge12