» KI-Projekte starten und erfolgreich umsetzen! «

Herzlich willkommen zu unserer neuen Ausgabe der Expertengespräche zum Thema Künstliche Intelligenz und Digitalisierung.

In der vorangegangenen Folge haben wir uns damit beschäftigt, welche Rahmenbedingungen es braucht, um mit KI zu starten, bzw. KI systematisch im Unternehmen zu etablieren. Heute wollen wir und damit beschäftigen, wie man dazu kommt, konkrete Projekte zu starten und was dabei zu beachten ist.

Dazu sprechen wir wie immer mit unserem Experten Martin Meister

 

Beim letzten Mal hast du viel für den CAIO und den AI-Council gesprochen. Wenn ein Unternehmen diese Rahmenbedingungen geschaffen hat, was ist dann der nächste Schritt?

Vielfach gibt es noch einen Schritt davor. Viele Unternehmen haben bereits eine übervolle Agenda mit vielen Aktivitäten oder die Mitarbeiter sind bereits aus anderen Gründen am Anschlag. Dann ist der erste Schritt Fokussierung im Sinne von Dinge nicht mehr tun.

Ist ein Unternehmen in dem Sinne „ready to go“, geht es darum, sogenannte Use Cases also Anwendungsbeispiele zu finden. Auch hierbei ist die Unterscheidung in Effizienz und Wachstum sinnvoll. Dabei hat sich gezeigt, dass die meisten Unternehmen sich zunächst mit Anwendungsfällen im Bereich Effizienz beschäftigt haben und anschließend zum Thema Wachstum übergegangen sind. Das ist auch eine logische Reihenfolge. Tatsächlich wird in aller Regel das Thema Wachstum noch mal deutlich schwieriger sein als das Thema Effizienz.

 

Trotzdem sind Anwendungsfälle aus dem Bereich Effizienz auch mit einer Menge Herausforderungen verbunden, weil das ja zumeist auch ein Eingriff in die Organisation ist und Ängste bei den Mitarbeitern hervorrufen kann.

Das ist definitiv so. Deswegen würde ich hier eine weitere Kategorie von Themen einführen. Wobei man immer dazu sagen muss, dass diese Begriffe in erster Linie gedankliche Konstrukte sind, um sich klarzumachen, was man tut.

So an der Grenze zwischen Effizienz und Wachstum liegen Themen, die eher etwas mit operativer Performance zu tun haben oder mit Steigerung der Kundenzufriedenheit.

Beispiele sind Optimierung Aufgaben im Bereich Marketing wie z.B. Optimierung von Key-Words, Hilfe bei der Erstellung von Content, weil das Team gerade massiv unterbesetzt ist, Bestandsmanagement, Optimierung der Anordnung von Produkten im Shop, Preisstellungen etc. Das sind alles Maßnahmen, die helfen können, Budgets zu reduzieren, Conversion und damit Umsatz zu erhöhen, Personalengpässe zu kompensieren oder ähnliches. Hier gibt es noch keine negativen Auswirkungen auf die Organisation, sondern es überwiegen die positiven Aspekte.

Das Gleiche gilt, wenn ich ein permanent überlastetes Call-Center habe. Hier kann KI helfen, das Team zu entlasten und gleichzeitig einen Beitrag zur Kundenzufriedenheit leisten.

 

Wenn ich unsere Gespräche richtig verstanden habe, sind das aber auch Themen für die es herkömmliche Systeme gibt. Warum soll ich dafür KI einsetzen und ist das immer der beste Weg?

Sehr richtig. Tatsächlich können alle diese Aufgaben durch herkömmliche Software gelöst werden, die nicht auf lernenden Systemen, sondern auf Algorithmen basieren. Allerdings hat sich gezeigt, dass KI basierte Systeme häufig bessere Ergebnisse liefern als herkömmliche Systeme.

 

Dann ergeben sich für mich 2 Fragen.

  1. Sollte jemand, der konventionelle Software einsetzt, jetzt auf KI gestützte Software wechseln?
  2. Sollte jemand, der noch keine konventionelle Software einsetzt, gleich auch KI-gestützte Software wechseln und geht das schneller als die Einführung eines herkömmlichen Systems?

 

Ich fange mal mit der 2. Frage an und als Kurzform der Antwort kann man sich merken. Keine Daten, keine Kekse!

 

Heißt was?

Wenn solche Systeme eingeführt werden, sind sie in der Regel vortrainiert, müssen aber mit Daten aus dem jeweiligen Unternehmen zu Ende trainiert werden.

Wenn solche Daten vorliegen, ist es absolut sinnvoll, gleich auf KI zu wechseln. Das wird aber selten der Fall sein.

Möglicherweise kann man auch mit den vortrainierten Daten erstmal ausreichende Ergebnisse erzielen, die man in einem Update durch Training mit so erzeugten Daten weitertrainiert, um bessere Ergebnisse zu erzielen.

Den Kern stellt die Frage dar, habe ich ausreichend Daten oder kann ich damit leben, dass die KI erst in einer späteren Optimierung wirklich gute Ergebnisse erzielt.

Das ist dann auch die Überleitung zu Frage 1:

Wenn ich für eine Aufgabestellung schon ein System im Einsatz habe, werden vermutlich auch gute Daten verfügbar sein. Dann macht die Einführung von KI Sinn, wenn ich mit KI deutlich bessere Ergebnisse erziele.


 

Jetzt hast du eben von Steigerung der Conversion und Steigerung von Umsatz gesprochen. Sind wir dann nicht schon beim Thema Wachstum?

Das kann man so sehen. Allerdings hat man es hier vermutlich mit einem einmaligen Effekt zu tun. Deswegen spreche ich von Performance-Steigerung. Das ist noch nicht dauerhaftes Wachstum.

 

Wenn das nur ein Einmal-Effekt ist, wie geht dann dauerhaftes Wachstum?

Nicht, in dem ich versuche, irgendwelchen angesagten Trends hinterherzurennen.

Und das scheint beim KI noch ausgeprägter zu sein als bei anderen Themen. Manchmal hat man den Eindruck, dass sobald das Wort KI fällt, einige meinen, sie müssten nicht mehr selbst denken.

 

Gut: Trends hinterherrennen magst du nicht. Das wissen wir. Wie geht dann nun dauerhaftes Wachstum?

Die Frage hatten wir schon mal und die Antwort ist die gleiche.

Wenn ich vom Umherirren in gerichtetes Arbeiten kommen will, ist der erste Schritt die Kenntnis und Definition meiner Zielgruppe.

Nachdem ich das hier gesagt habe, bin ich dafür kritisiert worden, dass dies doch eine zu simple Darstellung von Wachstumsstrategie sei.

Ich behaupte aber, dass die Definition der Zielgruppe das Wesen von Strategie ist. Es braucht eine präzise, konsistente, aussagekräftige und insofern auch exkludierende Definition der Zielgruppe. Eine Zielgruppendefinition, die nicht dabei hilft zu entscheiden, was ich nicht mache, ist keine Zielgruppendefinition.

Das Wichtigste dabei sind Lebenssituation, Haltung, Leidenschaften, Vorlieben, Abneigungen und solche Attribute.

 

Ist das dann schon alles?

Das ist der Anfang. Zusätzlich brauche ich noch

  • den regelmäßigen Austausch mit dieser Gruppe, durch online Panels, User Labs, Befragungen, qualitative Studien ….
  • möglichst viele und aussagekräftige Daten über das tatsächliche Verhalten dieser Kunden,
  • einen Prozess, der mich in die Lage versetzt, schnell neue Versionen meines Produktes und meiner Dienstleistung in den Markt zu bringen, das Feedback einzusammeln und die nächste Version zu liefern,
  • und eine Definition der Rolle, die ich im Leben dieser Kunden spielen will oder des Anliegens, dass ich mit meinem Unternehmen verfolge. Auch das muss differenzierend sein.

 

Da taucht das Wort KI jetzt aber noch gar nicht auf.

Das hat auch seine Gründe. Alles beginnt mit der richtigen Frage. Die Frage ist nicht, wie nutze ich KI, um dauerhaftes Wachstum zu erzielen, sondern die Frage ist: Wie erziele ich dauerhaftes Wachstum und kann KI dabei helfen?

Irgendwie erfolgt die ganze Diskussion immer vom Werkzeug her und nicht vom Problem.

Bei Wachstum geht es darum, die Zielgruppe zu definieren, deren Bedürfnisse zu kennen und einen Weg zu suchen, diese zu erfüllen. Mit oder ohne KI.

Es ist allerdings sehr wahrscheinlich, dass ich im Zuge der Entwicklung meines Produktes darauf stoße, dass mir KI helfen kann, spätestens in der Auswertung von Daten. Und ich noch schneller in der Produktentwicklung werde.

 

Jetzt hört man, dass es häufig Schwierigkeiten gibt, wenn aus dem Use Case ein Produkt werden soll. Woran liegt das?

Zum einen liegt das in der Natur der Sache. Das Verhalten von Kunden wird sich nie vollständig vorhersagen lassen. Allerdings kann man die Erfolgswahrscheinlichkeit deutlich erhöhen.

  1. Erfolgsfaktor 1 ist die Zielgruppe, Bedürfnis etc.
  2. Erfolgsfaktor 2 sind Daten. KI braucht Daten.

Keine Daten, keine Kekse.

Damit stehe ich vor der Frage, woher die Daten kommen sollen, wenn ich noch keine Systeme im Einsatz habe. Wenn ich schon ein System im Einsatz habe, das mir gute Daten generiert, dann habe ich auch keine Trainingsdaten.

Wenn ich keine Zielgruppe habe und Daten von irgendjemandem benutze, irre ich in einem gigantisch großen Suchraum umher.

Das Scheitern solcher Ansätze hat dann das Potenzial, das Leute glauben, das mit der KI funktioniert auch nicht, wie das mit der Agilität nicht funktioniert, wenn man sie nicht verstanden hat. Deswegen ist auch mein Vorschlag, sich zunächst mit Effizienz und operativer Performance zu beschäftigen, bevor man sich mit Wachstum beschäftigt.

Man kann parallel zur Beschäftigung mit den Projekten aus diesen Bereichen anfangen, die Voraussetzungen zu schaffen für erfolgreiches Wachstum.

 

Jetzt haben wir heute wieder über eine ganze Reihe von Themen gesprochen. Was empfiehlst du, um anfangen zu können.

Am Anfang steht immer eine Standortbestimmung. Daraus lassen sich die einzelnen Handlungsschritte ableiten. So eine Standortbestimmung sollte nach bestimmten Kategorien erfolgen und am Ende dazu führen, dass die nächsten Schritte klar erkannt werden und umgesetzt werden können.


Da bei einer Standortbestimmung immer wichtig ist, dass sie im richtigen Format erfolgt, hat Martin ein Modell definiert, mit dem sich bestimmen lässt, wo ein Unternehmen in Hinsicht auf die Einsetzbarkeit bzw. den Einsatz von KI steht.

Dabei werden sowohl die Dimensionen Effizienz und operative Performance als auch dauerhaftes Wachstum beleuchtet. Ziel der Analyse ist es, konkrete nächste Schritte zu definieren.

Das stellen wir Ihnen in einem gesonderten Video vor, dass wir Ihnen noch in der nächsten Folge vorstellen werden.

 

Martin: Wie lässt sich das Gespräch heute zusammenfassen.

  • Nachdem man alle in der vergangenen Folge besprochene Voraussetzungen geschaffen hat bzw. auch parallel kann man strukturiert in die Auswahl von Use Cases gehen.
  • Diese sollten möglichst einfach, spitz, aber effektiv sein.
  • Es bietet sich an, sich mit Themen zu beschäftigen, die operative Performance steigern, akute Personalengpässe beseitigen und/oder Kundenzufriedenheit steigern.
  • Daten sind der Schlüssel zum Erfolg.
  • Dauerhaftes Wachstum ist schwieriger. Die Beschäftigung sollte erfolgen, wenn man schon erste Erfahrungen mit KI gesammelt hat und auf einer sauberen Strategie fußen.
  • Um das zu koordinieren, macht es Sinn, erfahrene Managerinnen oder Manager hinzuzuziehen.
  • Als Hilfestellung haben wir einen KI-Check-up entwickelt, der eine erste Standortbestimmung ermöglicht und bei der Auswahl der Use Cases hilft.

 

Vielen Dank Martin. Wie immer können Sie die Folien runterladen. Besonders ans Herz legen möchte ich Ihnen noch das Video zur Vorstellung des KI Check-ups.

Ihre Ansprechpartnerin

Christiane Fuhrmann
Head of Marketing I Business Development